Das Thema ist topaktuell: Nachdem im vergangenen Jahr die Pläne
der ägyptischen Militärs den Hafen von Alexandria mit
Betonklötzen als Wellenbrecher aufzuschütten die Zunft
der Archäologen aufgeschreckt hat, bergen die französischen
Tauchteams um Franck Goddio und dem Epigraphiker André
Bernard Kostbarkeit um Kostbarkeit aus der versunkenen Stadt der
letzten Pharaonin Kleopatra.
Gerald Messadié, der mit seinen Büchern "Ein
Mensch namens Jesu", "Ein Mann namens Paulus" bekannt
geworden ist, hat nun Alexandria zum Schauplatz seines neuesten
Romanes gemacht.
Er siedelt seine Geschichte im Jahr 38 n.Chr. an. Weitschweifig
schildert er die Pracht und Vielfalt dieses Ortes, in welchem
sich alle Religionen und Volksgruppen des Altertums tummeln, und
sich reiche, römische Händler, Politiker und Philosophen
in ihren Villen mit ihren Hetären und Knaben vergnügen.
Das Buch handelt von einem Komplott gegen Delia, der Konkubine
eines römischen Kaufmanns. Tod und Verderben brechen über
ihr sorgenfreies Leben herein und vertreiben Sie in den Untergrund
der damals zweitgrößten Stadt des römischen Imperiums.
Sehr stimmig beschreibt Messadié die sozialen Umstände,
die Lebensweise des Gesocks, der Stricher und Huren, unter denen
Delia sich zunächst als alte Frau, später als Jüngling
verkleidet vor ihren unbekannten Häschern verbirgt.
Der Leser bleibt lange Strecken im Dunkeln und bekommt nur so
viel offenbart, daß die Lösung des Falles in den Verstrickungen
der verschiedenen religiösen Strömungen innerhalb der
Stadt zu finden sein muß. Juden, Römer, Griechen, Anhänger
des Mithras-Kultes und eine frühe christliche Sektion der
Essener - alle spielen sie obskure Rollen unter den Augen der
römischen Ordnungsmacht.
Die Angelegenheit eskaliert schließlich in einem Progrom
gegen die jüdischen Bevölkerungsteile.
Doch hier nun leider, zur Hälfte des Buches, verliert der
Autor den großen Schwung: Statt einer handfesten politischen
Intrige, eines historischen Skandals, in dem es um Macht, Geld
und Einfluß gehen könnte, um Strategen und Staatsräson,
nun eben da schwenkt Messadié ab in eine kleine, billige,
unbedeutende Lebenskrise einer frustrierten Ehefrau, die im Strudel
der Zeit ihre eigene, nebensächliche Suppe köchelt.
Da hilft auch nicht, daß er die Hauptdarstellerin von der
ausgefeilten, vollendeten Liebesdienerin nach all ihren Fluchtabenteuern
zur gefeierten Philosophin von Alexandria läutert. - Einfach
enttäuschend, wie der stur lineare Handlungsverlauf dann
Kapitel um Kapitel zum Ende des Buches hindümpelt und aus
der gefeierten Romanheldin wie in einer deutschen Filmkomödie
aus den 90er Jahren eine Schwangere mit zwei potentiellen Kindsvätern
wird.
Von der frz. Buchhandelskette Relais H bekam Messadié
für sein Buch den Preis für den besten Unterhaltungsroman
des Jahres 1996, aber vermutlich hat die Jury, wie so oft im Literaturbetrieb,
nur den Anfang des Buches gelesen und der Verlag einfach schnell
einen neuen Bestseller nachschieben wollen.
Sollten Sie sich das Buch schon gekauft haben, können Sie
es mit seiner repräsentativen Landkarte vielleicht doch noch
in Geschenkpapier und Schleife verpackt zu Weihnachten einem Menschen
schenken, bei dem Sie sich über den Gedanken freuen, daß
er beim Lesen sein Zeit verschwenden wird und darüberhinaus
nie erfährt, von wem und warum der Koch ermordet wurde.